Porzellan zerschlagen?

China und Porzellan sind im Englischen Synonyme. Und die Spuren führen tatsächlich nach China, dessen Porzellanwaren im 16. und 17. Jahrhundert unter Europas Eliten der Hit waren. Die europäische Entdeckung Asiens verlief nahezu parallel mit dem Höhepunkt der Porzellankunst unter der Ming-Dynastie, zugleich eine Periode chinesischer Handelsexpansion im Indischen Ozean.

Ming-Porzellan ist der heilige Gral von edlem Porzellan, Vasen, Küchengeschirr oder auch nur ein Suppenteller kosten Vermögen. Umso erstaunter waren wir vor einigen Jahren, als wir im Innenhof des Cheng Ho Cultural Museums in Melaka (Malaysia) einen Scherbenhaufen fanden.

Das Museum ist jenem Admiral Cheng Ho gewidmet, der im Auftrag der Ming-Kaiser in deren neuen Hauptstadt Peking zwischen 1400 und 1420 die südlichen Meere (Nanyang, wie es im Chinesischen heißt) erforschte. Es war ein Höhepunkt chinesischer Geopolitik und Wirtschaftsmacht. Malacca war übrigens Schlüsselposition in dieser chinesischen Wirtschaftsexpansion. Kein Wunder, das Xi Jinping öfters auf Cheng Ho verweist, wenn er Chinas Belt & Road Initiative preist. Spuren findet man z.B. in Indien und Arabien.

Ming-Schale im Museum des Weihrauchlandes in Salalah (Dhofar, Oman; oben links, aus einem Film exportiert), Bodenfliesen aus der Ming-Zeit in der Synagoge von Cochin (Kerala, Indien; Fotos von 1983).

Ich stöbere in den Antiquitätenläden von Melaka gern nach chinesischem Porzellan. Tatsächlich fand ich jüngst einen Laden wieder, der mir schon früher aufgefallen war. Die kauzige Besitzerin konnte sich sogar an meinen früheren Besuch erinnern.

Vorm Betreten muss sie eine Hundesperre entfernen („Some of my customrers are afraid of dogs„), besteht auf Hand-Desinfektion und Maske, bevor ich ihren kleinen, halbdunklen Laden betreten kann. Rechts und links des schmalen Gangs, der schon die halbe Ladenfläche ausmacht, türmen sich allerlei Schätze in den Regalen: Bronze, Holz, Fotos, alte Postkarten oder Geldnoten aus der japanischen Besatzungszeit. Und hinter trübem Glas im Regal und am Tresen stehen Porzellangefäße aller Größen und Formen. Handgeschrieben daneben die Dynastien, aus der sie stammen: Ming (!) oder Qing.

Ihr Vater stamme aus Kuching in Sarawak, sagt sie. Er habe schon vor Jahrzehnten Gebrauchsporzellan aus der Ming-Zeit aufgekauft, das es offensichtlich in vielen Haushalten noch gab. Wer hätte bei uns noch eine Schüssel aus der Zeit vor Kolumbus im Küchenschrank… Das war klug, denn selbst diese Stücke erzielen noch beachtliche Preise. Kleine Porzellangefäße für um die 500 €. Aber es gäbe Verhandlungsspielraum, drängte sie. Ming war außer meiner Reichweite, aber ein Eierbecher großes Gefäß aus der Qing-Zeit, erste Hälfte des 19. Jahrhunderts erregte meine Aufmerksamkeit. Es stellte sich als ein Aufbewahrungsgefäß für Opium heraus, das in mein äußerst schmales Budget passte.

Dennoch brauchte ich Bargeld. Ich ging zu einem ATM um die Ecke in der Jonker Street. Als ich zurück kam erlebte ich eine Überraschung: Sie hatte mit ihrem Bruder telefoniert und von dem treuen Kunden aus Germany erzählt. Er war Miteigner des Ladens und bat sie, mir ein kleines Einzelstück zu schenken: ein Deckelchen aus der Ming-Zeit. Sie verpackte beides so, dass ich es für den Rest der Reise im Koffer sicher in einem Schuh unterbringen konnte.

Zu dem populäre Rauschgift erfuhr ich später in Nordthailand noch mehr. Ich stand wenige Wochen später in der „Hall of Opium“ im Goldenen Dreieck vor einer Vitrine mit Opium-Pfeifen aus Porzellan und Metall, ähnlich dem kleinen Gefäß aus dem Laden in Melaka.

Die Moral aus der Geschichte? Beim nächsten Polterabend darauf achten, was ihr aus Omas Küchenschrank zerschlagt, es könnte für ein neues Auto reichen.

Damals im Museum in Melaka fragte ich den Manager, was das zerschlagene Porzellan im Hof bedeute. Er meinte, er habe Freunde gebeten, alles alte Porzellan vorbei zu bringen und für das Museum gute Stücke ausgewählt. Den Rest habe er zerschlagen, bringt wohl auch in China Glück. Mir wurde mulmig, was da an Schätzen verloren ist.

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