Irgendwo geht immer einer los, diesmal wieder im Sudan, ja mitten in der Hauptstadt Khartoum. Während sich bei uns alles um Krieg und Frieden in der Ukraine dreht – verständlichwerweise! – zucken viele im Rest der Welt die Schulter. Krieg? Haben wir dauernd: Syrien, die Zentralafrikanische Republik, Mali und vor allem der Jemen.
Seit 2014/15 und zeitlich parallel mit dem Ukraine-Krieg überzieht ein „Bürgerkrieg“ das Land im Süden der Arabischen Halbinsel – mit ungeheuren Folgen für die „Bürger“ – die alles, nur keinen Krieg wollen. Es gibt Tod und Zerstörung, auch in der als UNESCO-Welterbe geschützten Hauptstadt Sanaa. Verwickelt sind von Außen Saudi-Arabien, das an den Jemen angrenzt, und der Iran. Letzterer unterstützt die Rebellion der Houthis, eines schiitischen Stammes im Norden Jemens.
Man muss schon guter Kenner der beteiligten Kriegsparteien sein, um den Krieg zu verstehen (eine „Timeline“ von Aljazeera.com hilft ein bißchen). Der Krieg ist ein „Klassiker“: Vom Ausland erhalten die kämpfenden Parteien Waffen, der Krieg dauert ewig und setzt die Zivilbevölkerung einer großen Hungersnot aus, UN und Hilfsorganisiationen manövrieren zwischen den Fronten, der Rest der Welt schaut weg.
Aber mit der Annäherung von Saudi-Arabien und dem Iran – vermittelt durch China – gibt es auch eine Friedenschance für den Jemen, endlich. Der Nachbar im Nordosten, Oman, leistet gute Vermittlungsdienste. Überhaupt ist der Oman ein idealer Partner: Das Sultanat ist ein traditioneller Handelsraum rund um das Arabische Meer. Ich war in den letzten Jahren mehrmals im Oman und habe das Land als sehr gastfreundlich und weltoffen kennen gelernt.

Vor einem guten Jahr (Januar 2022) war ich im Dhofar im Süden Omans und habe von Salalah aus einige Ausflüge unternommen. An einem Vormittag fuhr ich am Südabfall des Arabischen Schildes in Richtung jemenitische Grenze. Die Route führte durch eine gebirgige und karge Landschaft, gelegentlich direkt am Meer entlang, dann wieder bergan auf die Hochfläche. Immer begleitet von den geologischen Schichtungen, welche die Straße schneidet – sah aus wie eine Schichttorte. Außer Lastwagen kaum Verkehr, ab und an warnte man sich gegenseitig mit Lichthube vor Kamelen auf der Straße.



Ein Erlebnis ist mir besonders in Erinnerung: Hinter einer Straßenbiegung stand ich plötzlich vor Soldaten der omanischen Streitkräfte mit Schnellfeuergewehren im Anschlag. Ich ließ die Scheibe runter, ein junger Soldat forderte mich auf meinen Pass und die Fahrzeugpapiere zu übergeben. „Almanya“, sagte ich, „No English“ mein Gegenüber. Guter Rat war teuer: Mein Pass lag im Hotel-Safe und die Fahrzeugpapiere hatte ich nie überprüft. Zum Glück war mein Personalausweis im Portemmonaie und ich fand die Registerierungskarte des Fahrzeugs im Handschuhfach. Alles brachte der junge Mann in ein Häuschen am Straßenrand, ich sollte das Auto an der Seite parken. Ich glaube mein Puls war auf mindestens 180. Aber alles ging gut und ich durfte weiter fahren.
Neben Kamelherden kamen auch Rinderherden entgegen. Die Dhofaris sind gute Rinderzüchter, in Restaurants in Salalah gab es exzellentes Rindfleisch.




Ich schaffte es bis zum Steilabfall von Shaat, etwa halbe Strecke zur jemenitischen Grenze und machte Pause an einem spektakulären Rastplatz. Vor mir an der Mauer fiel der Fels hunderte Meter in das Arabische Meer.
Außer mir war noch ein kanadischer Tourist und sein Guide da. Der traute sich zum Fotografieren jenseits der Schutzmauer, Nervenkitzel am Abgrund.

Auf dem Rückweg nach Salalah kam mir ein Geländefahrzeug mit einem jungen westlichen Typ im Tanktop am Steuer entgegen. Er gab ein freundliches Zeichen und ich dachte schon daran weiter Richtung Grenze hinterher zu fahren – doppelt hält in diese Weltgegend besser. Aber er sah mir zu sehr nach 007 auf Mission aus. Bleibt zu hoffen, dass bald möglichst die Straße bis Aden und Sanaa zu befahren ist.
Meine Blog-Beiträge zum Oman:
Dhofar: Wo Weihrauch wächst. Reiners.blog, 9.1.2022
Jabal Akhdar – Dörfer am Abgrund. Reiners.blog, 12.1.2022
Von Dubai nach Muscat und zurück. Reiners.blog, 4.5.2021
Die Wüste nebenan. Reiners.blog, 18.3.2017
Zeitreise. Auf einer Dau-Werft in Sur. Reiners.blog, 14.1.2022