Meine Enkeltochter mag alles mit Zitrone: Zitroneneis, Zitronenmarmelade (ihrer Oma), Zitronenkuchen. Ich wollte beim österlichen Besuch Sympathiepunkte gewinnen und entschloss mich, einen Zitronenkuchen zu backen. Ein Megaprojekt.
Es mussten drei Eier, x Gramm Margarine, y Milliliter fettarme Milch und ein Haufen Mehl, Zucker etc. her. Alles lag fein aufgereiht auf der Anrichte, so wie jeder gute Handwerker sein Werkzeug sortiert. Dazu den Teigmixer herrichten, samt Testlauf (macht man auch beim Betonmischer). Dann die Kuchenform einfetten, und den Ofen vorheizen. Die Rührschüssel stand bereit, es konnte losgehen (meist schaue ich vorher einen Youtube-Video an, aber das war aus später genannten Gründen verzichtbar).
In der Rührschüssel kamen die Zutaten zusammen und wurden im unteren Gang angemischt. Drei Minuten sollte es bei höchster Umdrehung weitergehen, ein Warmlaufen wie bei Formel 1. Es sah gut aus, der Teig in Bestform – einfach perfekt (ich hätte Bäcker werden sollen). Ich goss die Masse in die Backform und verteilte sie sorgfältig, einen Rest leckte ich zwecks Geschmackstest von den Mixergabeln ab. Auch ungebacken schon lecker.
Der Ofen signalisierte, dass er auf der vorgeschriebenen Betriebstemperatur angekommen war. Das Backblech im unter Drittel lag bereit, die Form wurde ins Höllenfeuer geschoben. 15 Minuten, ich lege Wert auf Präzision, waren vorgeschrieben, bevor der Teig mit einem Messer angeritzt werden soll. Es gelang ohne Brandspuren am Arm (überhaupt ist Backen nicht ungefährlich; gibt es dazu eine Berufsunfähigkeitsversicherung? Es lässt sich sicher googeln…). Weitere 45 Minuten muss der Kuchen im Ofen verweilen, Zeit zu einer kleinen Verschnaufpause und erstem Abwasch (in Koch- und Backsendungen wird ja nie abgewaschen).
Endlich, die 60 Minuten waren um und das Projekt ging seiner Zwischenbewertung entgegen: raus aus dem Ofen auf ein Gitter zum Abkühlen. Check! Dann eine weitere Herausforderung, überhaupt die ultimative: den Kuchen heil aus der Form zu kriegen. Man(n) fühlt sich wie eine Mischung aus Glockengießer und Hochofenarbeiter. Es gelang erst nach mehreren Versuchen, sah aber gut aus. Dann weiter abkühlen (wie im Stahlwerk).
Der letzte Akt des Megaprojektes: die Glasur. Es muss so bei der Herstellung von Edelstahl zugehen: die Mischung machts. Langsam und Tropfen für Tropfen Wasser in die Glasurmischung geben, damit sie ihre ideale Konsistenz zum Bestreichen der Kuchenoberfläche erhält. Fingerspitzengefühl ist gefragt. Und in die Glasur eingelassen wurden Papierblüten, natürlich (und) essbar. Ich war tief beeindruckt von meinem Ergebnis.

P.S.: Meine Frau stand mir zur Seite, oder präziser: Ich stand ihr zur Seite (und las von der Gebrauchsanleitung auf der Packung vor!). Im Nutri Score liegt der Kuchen mit E jenseits der Skala gesunder Ernährung. Ach was.
Ob ich bei meiner Enkeltochter gepunktet habe? Hängt vom Osterhasen ab.

Klingt toll, wie aus ner Baumarktwerbung 😉
LikeGefällt 1 Person