Ein Sondergesandter der Vereinten Nationen hat laut THE GUARDIAN Myanmar als „failing state“ bezeichnet. Die Begriffe Niedergang oder Zerfall beschreiben das nur unzureichend, es ist eher ein Untergang von Gesellschaft und Politik.
Das sah vor zehn Jahren ganz anders aus. Im Jahr zuvor (2012) hatten Wahlen die Partei der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi an die Macht gebracht. Aufbruch gab es im ganzen Land, unterstützt vom Wohlwollen des Auslandes. Wir flogen von Kuala Lumpur aus im Oktober 2013 nach Yangon. Die wenigen westlichen Hotels konnten die Zahl der Touristen und Geschäftsleute gar nicht fassen, die Preise waren überhöht – verzeihlich.
Internet gab es sporadisch und nahe unserem Hotel wurde einer der ersten Bankautomaten eröffnet. Eine Bekannte lud uns zum Tee ins restaurierte Strand Hotel ein, in dem schon Rudyard Kipling oder Somerset Maugham abgestiegen waren. Koloniale Gebäude wurden restauriert, Stadt und Land heraus geputzt. Im gleichfalls restaurierten Monsoon Restaurant um die Ecke vom Strand konnten wir stilvoll „dinieren.“
An einem anderen Abend besuchten wir die Shwedagon Pagode, Wahrzeichen Yangons und religiöses Zenrum des burmesischen Buddhismus.



Mit einem Aufzug gelangten wir auf die obere Ebene und in ein Gewirr von Tempeln und Altären – alles in Gold. Nur wenige Touristen war zu sehen, aber viele Burmesen, die zur Meditation und zum Gebet gekommen waren und die riesige Pagode umrundeten.

Aber es war wohl alles eine Fata Morgana: Weder funktionierte die parlamentarische Demokratie richtig (ein großer Teil der Parlamentssitze war für das Militär reserviert), noch fühlten sich die gesellschaftlichen Gruppen, Stämme und Regionen angemessen repräsentiert. Im August 2017 ging das Militär gegen die Bevölkerungsgruppe der Rohingyas vor, Hunderttausende flohen ins benachbarte Bangladesh – eine der größten Flüchtlingskrisen unsere Zeit. Die buddhistischen Eliten stützten das Vorgehen, die Friedensnobelpreisträgerin, mit so viel Hoffnung und Nimbus im Ausland ausgestattet, schwieg. Es wurde ihr nicht gedankt.
Vier Jahre später (2021) stürzte ein Militärputsch die Regierung, Aung San Suu Kyi ist wieder im Gefängnis. Die Junta geht mit brutalster Gewalt gegen Widersacher vor, hunderte Demonstranten wurden getötet, tausenden verhaftet. Myanmar ist zurück im Bürgerkrieg. Vom Ausland gemieden – außer von China und Russland – ist das Land der goldenen Pagoden zurück in Isolation und Unterdrückung.

Wenn Geschichte ein Kreislauf ist, dann ist das vergangene Jahrzehnt in Myanmar das perfekte Beispiel: back at square one, mit einem Unterschied: Die Jugend Myanmars wird nicht akzeptieren, dass ein Jahrzehnt von Freiheit zurück gedreht wird. Der Tourismus sucht sich andere Ziele, die Burmesen sind wohl auf sich gestellt.
Webseite der unabhängigen Zeitschrift Myanmar Now
Suspected civilian massacre at Myanmar monastery … The Straits Times online, 17.3.2023
Ja, das ist eine tragische Entwicklung für das Land und die Menschen. Wir hatten uns gerade Myanmar als nächstes Reiseziel ausgesucht, als es zum Militärputsch kam. Wird wohl erstmal lange Zeit nichts.
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