Im Himmel über Kappadokien

Die Meldung des Tages heute handelt von einem chinesischen Spähballon über Nordamerika, in rund 30 km Höhe. Ganz so hoch flog unsere Ballon-Armada damals in Kappadokien* nicht, dafür war sie weitaus abenteuerlicher (und ein Abschuss drohte auch nicht).

Um 5 Uhr morgens weckte mich die Rezeption in meinem Hotel in Ürgüp. Wirklich nicht meine Zeit, zudem war es stockdunkel. Aber mit dem netten jungen Mann im Reisebüro hatte ich verabredet: nur geweckt werden, wenn sie fliegen! Die Ballonpiloten hatten also die Wetterbedingungen an diesem Frühlingsmorgen geprüft: es muss klare Sicht herrschen und windstill sein. Nichts wie rein in die Klamotten, Kameratasche umhängen und runter in die Lobby. Ein Kleinbus holte mich ab und brachte mich die kurze Strecke hinüber an den Ortsrand von Göreme.

dsc02615

Ein Frühstück am Startplatz der Heißluftballons war im Preis eingeschlossen. So konnte ich im morgendlichen Dämmerlicht bei Kaffee, Weißbrot, Ziegenkäse, Oliven und Tomaten mit ansehen, wie die Körbe von den Transportanhängern entladen und die Ballonhüllen von den Brennern mit Heißluft gefüllt wurden. In das rhythmische Donnern der Brenner mischten sich die Rufe der Bodencrews. Langsam bekamen die schlaffen Hüllen Kontur.

Dann ging alles sehr schnell: Reisegruppen aus Südkorea, Japan und Italien wurden zu den Körben beordert, manche fassen zwei Dutzend Personen. Ich stieg in einen Korb zusammen mit Amerikanern und Iranern, wir sind zu acht. Die mehr als 20 Ballons waren jetzt startklar und hoben alle in dichter Reihenfolge ab.

Wir schweben im Pulk in niedriger Höhe durch ein breites Tal. Die Piloten beherrschen die Kunst perfekt, einen Ballon fast wie ein Flugzeug zu steuern. Langsam setzen sich einige in die Höhe ab, so dass kein Korb einem Ballon zu nahe kommt. Und langsam driften sie auseinander. Noch sind wir im Schatten der wundersamen Hügel, Schluchten und Türmchen, welche die Landschaft Kappadokiens prägen. Am Horizont zu sehen die Silhouette des gut 4.000 m hohen Erciyes Dagi, einem ruhenden Vulkan, dessen Eruptionen die verwunschenen Oberflächenformen mit geschaffen haben: Schichten von vulkanischen Aschen, Tuff und Bims, die von gewaltigen Niederschlägen zerfurcht sind. Dort wo Gesteinsbrocken die Schichten abdeckten, bleiben Türmchen stehen. Tuff lässt sich leicht aushöhlen, verfestigt sich aber schnell an der Luft. So entstanden hier in dern Zentraltürkei über Jahrhunderte die Höhlenkirchen, -wohnungen, ja ganze unterirdische Städte.

Unsere Gruppe von Ballons driftet gegen Osten. Manche verschwinden in den Schluchten, andere sind kleine Punkte hoch über uns. Über Funk stehen die Piloten untereinander in Kontakt, vor allem aber mit den Bodencrews. Die Transporter samt Anhängern folgen uns, so gut es geht.

Unser Ballon-Pilot im Gespräch mit einem Passagier

Nach einer guten Stunde beginnt der Sinkflug, wir nähern uns einer Obstplantage westlich von Ürgüp. Die Landung ist ein Meisterstück: Dem Piloten gelingt es, unseren Korb zwischen den Bäumen exakt auf dem herbei navigierten Transportanhänger zu setzen, und das auch noch erstaunlich sanft. Buchstäblich eine „Punktlandung“.

Die Crew hat auf einem kleinen Tisch eine Batterie von Sektgläsern aufgebaut. Wir stoßen mit dem prickelnden Getränk auf unseren Flug an und freuen uns über ein Zertifikat, das uns die erfolgreiche Teilnahme am Ballonflug bestätigt. Wir hatten eigentlich nichts dazu beigetragen, außer unser Herzklopfen zu kontrollieren.

dsc02678

*Der Beitrag wurde im Original veröffentlicht auf Reiners.blog, 13.2.2017

Weitere Informationen:

Kappadokien bei Wikipedia (mit guter Karte)

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s