Passion mit Handy

Die Prozession war am Platz vor der Igreja de Santa Cruz zum Stehen gekommen. Gelegenheit für einen der römischen Soldaten schnell das Handy zu zücken und zu telefonieren. Jesus und seine Bewachung genossen die warme Aprilsonne, die Träger der großen Kreuzgruppe weiter hinten konnten ihre schwere Last einmal abstellen.

Es ist der Beginn der Semana Santa in Braga, im Norden Portugals. Wir waren im vergangen Frühjahr auf einer Nordportugalreise dort. Braga ist ein schönes Städtchen mit bis in die Römerzeit zurück gehender Geschichte.

Wir waren eher durch Zufall auf dem Weg von Galizien nach Süden auf Braga gestoßen. Von hier zum Flughafen Porto sind es nur eine knappe Stunde. Man kennt die Stadt vielleicht besser vom Fußball (der SC Braga spielt zuweilen in der Europa Liga). Ansonsten sind es die Studierenden der Universität, welche die Altstadt prägen – mit einer großen Auswahl an günstigen, wenngleich sehr guten Restaurants (Tipp: die Mittagsmenüs sind unschlagbar!).

Wie im spanischen Teil der Iberischen Halbinsel wird auch in Braga die Karwoche geprägt von Umzügen, in der Woche vor Ostern ist sie ein besonderer touristischer Anziehungspunkt (siehe die Webseite für 2023). Die Schaufenster sind mit in lila Stoff verhüllten Kreuzen dekoriert, zwischen Herrenoberbekleidung oder Haushaltsartikeln.

Im Fremdenverkehrsbüro gibt es einen Plan für die täglichen Prozessionen, die von den Dutzenden Kirchengemeinden in Braga gestaltet werden. Vereine, Schulen, Kindergärten bilden kostümierte Gruppen rund um das Thema Kreuzweg. Eine Mischung aus Oberammergau und Schützenumzug.

Mit rhythmischen Stampfen auf dem Kopfsteinpflaster bewegt sich der Umzug ein Stück weiter. Dann tritt ein Priester vors Mikrophon an der Santa Cruz-Kirche und hält eine nicht enden wollende Predigt. Zum Glück bleibt der Himmel blau.

Wer nicht mitleiden will, genießt einen Milchkaffee in der benachbarten Fußgängerzone. Irgendwann verschwindet die Prozession zwischen den Häusern der Altstadt. Braga kehrt zum geschäftigen Alltag zurück – bis zur nächsten Prozession.

Für uns hieß es am frühen Montagmorgen Abschied nehmen, wir fuhren noch vor Sonnenaufgang nach Porto und waren zum zweiten Frühstück wieder zurück im Osten Niedersachsens.

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