Es soll warm werden an Silvester, das hatten wir schon einmal und es endete böse (wie in den vergangenen Tagen in Nordamerika). Aber wem ist eigentlich zum Feiern und „Frohes Neues Jahr!“ rufen zumute? Ich nutze Silvester häufiger zur Rückschau – „We survived!“




Ein Studienfreund in Aachen und ich hatten die spontane Idee in der Warmzeit zwischen den Jahren 1978, Silvester in Venedig zu feiern. Wir trafen uns in Frankfurt und fuhren über die Alpen in die Lagunenstadt. Dort war es nass und kühl, aber so ist Venedig im Winter. Auf dem Markusplatz waren Stege aufgebaut, welche die Besucher vor dem gelegentlichen Hochwasser schützen sollten.




In der Silvesternacht waren wir auf dem Markusplatz, wo die Touristen und Einheimische (noch nicht die Massen wie heutzutage) mit Sektflaschen anstießen. Unser Budget für diese nicht ganz billige Stadt war beschränkt, so dass wir am Neujahrstag 1979 die Rückreise vom Bahnhof Santa Lucia über Verona antraten.


Als wir am frühen Nachmittag auf dem Brennerpass ankamen, deutete sich Unheilvolles an: Über den Bahnsteig, auf dem wir in den Zug nach Innsbruck und München wechseln sollten, wehte ein eisiger Wind Schneekristalle bodenparallel. Mit einiger Verspätung fuhr ein Zug los, der uns mit weiteren Verspätungen bis abends nach München brachte.
Am dortigen Hauptbahnhof fanden wir Chaos vor: ausgefallene Züge, ungeduldige Reisende, vage Ankündigungen über den Bahnhofslautsprecher. Was wir erfuhren war, dass von Norddeutschland her ein eisiges Schneechaos über Deutschland herein gebrochen war, der den Zugverkehr aus dem Norden (und damit auch in Richtung Norden) zum Erliegen gebracht hatte. Man bedenke: Es gab keine Mobiltelefone oder Internetnachrichten oder Fernsehmonitore in den Wartesälen.
Irgendwann, gegen Mitternacht, wurde ein Zug Richtung Frankfurt losgeschickt. Der war fast leer, so dass wir uns im Abteil schlafen legen konnten. Ab und an wehte Schnee durch die Ritzen ins Abteil, draußen heulte der Wind. Am Frankfurter Hauptbahnhof das gleiche Chaos. Mein Freund beschloss mit dem nächst besten Zug nach Bonn weiterzufahren, ich stieg in Mainz aus. Die Stadt wirkte wie eine arktische Siedlung, kaum jemand auf den Straßen.
Mein schönes Dachzimmer in der Mainzer Innenstadt war der Eiseskälte ungeschützt ausgesetzt, Zentralheizung war ein seltener Luxus für Studentenwohnungen. Es dauerte Tage, bis das Zimmer halbwegs warm war. Aber immerhin: Ich war Zuhause!
Merke: Das alte Jahr nicht vor dem Ende loben und das neue mit Umsicht begrüßen!
Heute gibt‘s zwar „Mobiltelefone oder Internetnachrichten oder Fernsehmonitore in den Wartesälen“, aber so richtig „weiterbringen“ tun die einen ja auch nicht 😉
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